Mit Beschluss vom 10.03.2022 hat auch das Verwaltungsgericht Regensburg einem weiteren Mandanten der Kanzlei Stenz & Rogoz den Genesenenstatus auf 6 Monate verlängert (Az.: RN 5 E 22.584). Aufgrund der "hohen Grundrechtsrelevanz der Thematik", die sich daraus ergibt, dass die 15. BayIfSMV erhebliche Erleichterungen hinsichtlich der geltenden Corona-Beschränkungen zugunsten Geimpfter und Genesener postuliert, hat der Antragsteller nach Ansicht der Richter ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO an der Feststellung, dass er weiterhin als genesen im Sinne der 15. BayIfSMV gilt.
Auszugsweise hat das Verwaltungsgericht Regensburg, das für die Bezirke Oberpfalz und Niederbayern zuständig ist, den Beschluss wie folgt begründet:
Der Antrag ist auch begründet.
a.
Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht. Nach den aktuellen Vorgaben des RKI ist der anzusetzenden 90-Tages-Zeitraum für die Gültigkeit des Genesenennachweises be-reits abgelaufen, sodass der Antragsteller aktuell nicht mehr als Genesener gilt und so-mit den Beschränkungen der 15. BayIfSMV unterläge. Der Antragsteller hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zwar keinen Nachweis eines positiven PCR-Tests vorgelegt. Allerdings ergibt sich die Richtigkeit des Sachvortrags des Antragstellers aus dem vorgelegten „Genesenenzertifikat“ des Landratsamts Deggendorf (Bl. 4 d. Gerichtsakte). Aus diesem geht hervor, dass der Antragsteller am XX.10.2021 positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde.
b.
Darüber hinaus ist auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Insoweit kann wiederum auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im oben zitierten Beschluss vom 3.3.2022 (20 CE 22.536, BeckRS 2022, 3330) verwiesen werden, denen die zur Entscheidung berufene Kammer vollumfänglich folgt. Dort ist ausgeführt (Rn. 14 ff):
„Der Antragsteller hat gleichfalls einen Anordnungsanspruch glaubhaft ge-macht. „Der Senat ist nach der gebotenen summarischen Prüfung der Auffassung, dass § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022, der zur Bestimmung der Gültigkeitsdauer eines Genesenennachweises auf die Vor-gaben des RKI im Internet unter der Adresse www.rki.de/covid-19-genesenen-nachweis verweist, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig und da-mit nichtig ist. Die Unwirksamkeit des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV i.d.F. der Ver-ordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverord-nung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 (BAnz. AT 14.01.2022 V1) hat zur Folge, dass die ursprüngliche Fassung des § 2 Nr. 5 i.d.F. vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) weiterhin Geltung beansprucht, welche eine Dauer des Genesenenstatus von sechs Monaten ausdrücklich festlegte.§ 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 findet in § 28c IfSG, der eine Subdelegation auf das RKI nicht vorsieht, schon keine ausrei-chende gesetzliche Grundlage. Außerdem ist er aufgrund seines pauschalen Verweises auf den vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse www.rki.de/covid-19-genesenennachweis unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft veröffentlichten Vorgaben wegen eines Verstoßes gegen das Publizitäts- und Bestimmtheitsgebot aus Art. 20 Abs. 3 GG voraussichtlich verfassungswidrig und damit nichtig (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 28.7.2020 – 20 NE 20.1609 – juris).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass ein Normgeber unter engen Voraussetzungen nicht nur auf eigene, sondern auch auf Regelungen anderer Normgeber verweisen darf (BVerwG, U.v. 26.3.2015 – 5 C 9.14 – BVerwGE 151, 386 Rn. 25 und – 5 C 8.14 – juris Rn. 25). Selbst die Verweisung auf Regelwerke, die von nichtstaatlichen Normungsgremien ge-schaffen wurden, ist nicht generell ausgeschlossen, solange für den Rechtsun-terworfenen klar erkennbar ist, welche Vorschriften für ihn im Einzelnen gelten sollen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 3 C 21.12 – BVerwGE 147, 100 Rn. 39). Das widerspräche sowohl dem Rechtsstaatsprinzip, wonach Einschränkungen der Freiheit des Bürgers, soweit sie überhaupt zulässig sind, nur durch oder auf-grund staatlicher Gesetze erfolgen dürfen, als auch dem Demokratieprinzip, wo-nach die Ordnung eines nach dem Grundgesetz staatlicher Regelung offenste-henden Lebensbereichs auf eine Willensentschließung der vom Volk bestellten Gesetzgebungsorgane zurückgeführt werden muss. Nur soweit der Inhalt der von einem anderen Normgeber erlassenen Regelungen im Wesentlichen fest-steht, genügt die verweisende Norm den Anforderungen, die sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaats- und dem Demokratieprinzip ergeben. Für die Beantwortung der Frage, ob diese einer dynamischen Verwei-sung von Verfassungs wegen gezogenen rechtlichen Grenzen eingehalten wur-den, kommt es neben dem Sachbereich und der damit verbundenen Grund-rechtsrelevanz wesentlich auf den Umfang der Verweisung an (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 3 C 21.12 – BVerwGE 147, 100 Rn. 42 f. m.w.N.). Dynamische Verweisungen sind daher grundsätzlich zulässig, wenn der Ver-weisungsumfang „eng bemessen“ ist. Bei einer begrenzten Bandbreite der zur Überprüfung stehenden Verweisung kann davon ausgegangen werden, dass der verweisende Verordnungsgeber die in Bezug genommenen Regelungen im Blick behält, so dass er auf den vorgegebenen Rahmen sprengende oder von ihm nicht gewünschte Änderungen umgehend reagieren kann (BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 3 C 21.12 – BVerwGE 147, 100 Rn. 44 und vom 26.3.2015 – 5 C 9.14 – BVerwGE 151, 386 Rn. 25 sowie – 5 C 8.14 – juris Rn. 25).
Diesen Anforderungen wird die Verweisung in § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 nicht gerecht. Eine so weitgehende Ermächti-gung des RKI durch § 2 Nr. 5 SchAusnahmV entspricht nicht mehr den Vorga-ben der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 28c IfSG. Danach wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung für Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist oder die ein negatives Ergebnis eines Tests auf eine Infektion mit dem Corona-virus SARS-CoV-2 vorlegen können, Erleichterungen oder Ausnahmen von Ge-boten und Verboten nach dem fünften Abschnitt dieses Gesetzes oder von auf-grund der Vorschriften im fünften Abschnitt dieses Gesetzes erlassenen Gebo-ten und Verboten zu regeln. Diese Ermächtigungsgrundlage enthält auch einen Auftrag an den Verordnungsgeber zu regeln, wann bei einer Person von einer Immunisierung auszugehen ist. Insoweit handelt es sich bei § 2 Nr. 5 SchAus-nahmV um eine normkonkretisierende Rechtsverordnung. Eine weitere Sub-delegation auf eine andere Stelle ist in § 28c Satz 1 IfSG nicht vorgesehen. Will der Ermächtigungsadressat im Wege einer Rechtsverordnung nach Art. 80 Abs. 1 S. 4 GG die ihm zugewiesene Ermächtigung weiter übertragen, ist das nur möglich, wenn und soweit das gesetzlich vorgesehen ist (vgl. Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG; BVerfG, B. v. 11.10.1994 – 1 BvR 337/92 – BVerfGE 91, 148 (165); Remmert in Dürig/Herzog/Scholz, Art. 80 GG Rn 82 und 123, Stand: 95. EL Juli 2021).
Die Regelung über die Gültigkeit des Genesenennachweises hat auch eine hohe Grundrechtsrelevanz. Der Genesenenstatus hat maßgebliche Bedeutung nicht nur im Hinblick auf landesrechtliche Regelungen auf der Grundlage von § 32 IfSG, sondern auch im Rahmen der Regelungen der §§ 20a Abs. 2 Nr. 2, 28b und 28c, jeweils i.V.m. §§ 3 bis 6 SchAusnahmV. Von ihm ist abhängig, ob eine Person der einrichtungsbezogenen Impfpflicht unterliegt und ob und inwie-weit sie bundesrechtlichen und landesrechtlichen Zugangsbeschränkungen un-terworfen ist. Indem der Verordnungsgeber das Robert Koch-Institut jedoch pauschal zu einer Entscheidung lediglich „unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft“ ermächtigt, dürfte er dieser Grund-rechtsrelevanz nicht hinreichend gerecht geworden sein. Insoweit mangelt es zudem an Vorgaben zu genauen Abwägungs- und Entscheidungskriterien, die die Entscheidung über die Gültigkeitsdauer des Genesenennachweises leiten sollen (VG Frankfurt, B. v. 22.2.2022 – 5 L 363/22.F – juris Rn. 33).
An der vorläufigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV n.F. ändert auch nichts der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde, für deren Erfolg es möglicherweise (auch) auf die Gültigkeit des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 ankommt, nicht als offensichtlich begründet angesehen hat, sondern im Eilver-fahren nach § 32 BVerfGG eine Folgenabwägung vorgenommen hat (vgl. BVerfG, B.v. 10.2.2022 – 1 BvR 2649/21 – juris Rn. 14). Zum einen ist die Frage der Wirksamkeit des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV i.d.F. der Verordnung zur Ände-rung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 von der Frage zu unter-scheiden, ob durch den Verweis in § 20a Abs. 2 Nr. 2 IfSG auf § 2 Nummer 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung die Verfassungs-mäßigkeit von § 20a IfSG in Frage gestellt sein könnte. Denn die Unwirksamkeit des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV hat möglicherweise nicht zwingend die Verfas-sungswidrigkeit des § 20a Abs. 2 Nr. 2 IfSG zur Folge. Auch muss bedacht werden, dass der Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts im Rah-men des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung des Vollzugs eines formellen Gesetzes nach § 32 BVerfGG nicht mit dem Prüfungsmaßstab im Rahmen des § 123 VwGO zu vergleichen ist. Soweit nämlich im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf des Genesenenstatus mit der einstweiligen Feststellung eine – zumindest tatsächliche – Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist, wäre dies jedenfalls zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.2013 – 10 C 9.12 – juris Rn. 22). Das gilt deswegen auch im Hinblick auf die mit der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat (§ 28c Satz 2 IfSG) verbundene hohe Legitimationswirkung einer Verordnung nach § 28c Satz 1 IfSG.
Die Unwirksamkeit des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV i.d.F. der Verordnung zur Än-derung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 (BAnz. AT 14.01.2022 V1) hat zur Folge, dass die ursprüngliche Fassung des § 2 Nr. 5 i.d.F. vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) weiterhin Geltung beansprucht, welche eine Dauer des Genesenenstatus von sechs Monaten ausdrücklich festlegte. Denn zum einen handelte es sich bei der Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreisever-ordnung vom 14. Januar 2022 um eine reine Änderungsverordnung, die keine ausdrückliche Aufhebung der Vorgängerregelung vorsieht. Zum anderen kann ein entsprechender Wille des Bundesverordnungsgebers, im Falle der Nichtig-keit der Neuregelung solle keine Regelung des Genesenennachweises gelten, nicht angenommen werden, denn dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die personale Reichweite der bewehrten Schutzverordnungen der Länder (vgl. BayVGH, B. v. 3.2.2022 – 20 NE 22.240 – BeckRS 2022, 2395 Rn. 17).“
Aufgrund der erheblichen Grundrechtsrelevanz der mit dem Wegfall des Genesenensta-tus verbundenen Einschränkungen und aufgrund der auf der Hand liegenden Rechts-widrigkeit des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV sind auch die oben beschriebenen Vorausset-zungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache gegeben, weshalb zu entscheiden war wie geschehen.
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