Mit Beschlüssen vom 22.02.2022 (Aktenzeichen: M 26a E 22.662, M 26a E 22.663, M 26b E 22.730) hat nun auch das Verwaltungsgericht München die Verkürzung des Genesenenstatus von sechs Monaten auf 90 Tage als rechtswidrig angesehen.
Die Antragsteller wandten sich gegen die zum 15. Januar 2022 in Kraft getretene Verkürzung des sogenannten Genesenenstatus von bisher sechs Monaten auf nunmehr 90 Tage durch die Bundesregierung und das Robert Koch-Institut. Hierzu forderten die Antragsteller von ihren jeweiligen Gesundheitsämtern, ihren ursprünglichen Genesenenstatus wiederherzustellen. Die zuständigen Kammern kamen nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung jeweils zu dem Ergebnis, dass die von der Bundesregierung und dem Robert Koch-Institut (Veröffentlichung auf der dortigen Website) vorgenommene Verkürzung des Genesenenstatus von bisher sechs Monaten auf 90 Tage voraussichtlich rechtswidrig ist. Mit den heutigen Beschlüssen wurde deshalb vorläufig festgestellt, dass die Antragsteller für den Zeitraum von sechs Monaten nach ihrem erstmaligen positiven PCR-Test als genesen gelten. Die heutigen Beschlüsse gelten nur für die jeweiligen Antragsteller. Nach Ansicht der Kammern bestehen durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit und damit Anwendbarkeit von § 2 Nr. 4 und 5 der COVID-19-SchutzmaßnahmenAusnahmenverordnung der Bundesregierung in der am 14. Januar 2022 geänderten Fassung. Die Delegation der Entscheidung über die Dauer des Genesenenstatus von der Bundesregierung auf das Robert Koch-Institut verstoße angesichts der Bedeutung für die Ausübung von Grundrechten gegen den verfassungsrechtlichen Wesentlichkeitsgrundsatz. Die aktuelle Fassung des § 2 Nr. 5 der COVID-19- Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung verstoße zudem mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gegen die verfassungsrechtlichen Gebote der Normenklarheit und Bestimmtheit. Genesenen Personen als auch für die Kontrolle von Nachweisen verantwortlichen Privatpersonen sei es mittlerweile unzumutbar erschwert, national gültige von national ungültigen digitalen EU-Genesenen-Zertifikaten zu unterscheiden. Ergänzend (hierauf kam es für die Entscheidungen nicht mehr an) wiesen die Kammern darauf hin, dass nicht nachvollziehbar sei, warum zweifach Geimpfte zeitlich unbegrenzt über einen privilegierten Status verfügen, Genesene jedoch lediglich für 90 Tage. Die Verkürzung des Genesenenstatus sei auch nicht mit der aktuellen Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) abgestimmt, welche eine Auffrischungsimpfung frühestens drei Monate nach der SARS-CoV-2-Infektion empfiehlt.
Gegen die o. g. Beschlüsse kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.
Empfehlung der Kanzlei Stenz & Rogoz
Leider hat der Beschluss des Verwaltungsgerichts München keine allgemeine Wirkung, auch nicht für Bürger, die direkt in München oder dem Zuständigkeitsbereich des dortigen Verwaltungsgerichts wohnen. Das heißt, Sie müssen selbst die Verlängerung Ihres verkürzten Genesenenstatus' erwirken.
Fordern Sie daher zunächst Ihr zuständiges Gesundheitsamt - dieses ist eine Behörde des für Sie zuständigen Landratsamtes bzw. der kreisfreien Stadt - auf, Ihnen innerhalb von 1 Woche einen verlängten Genesenenstatus auszustellen.
Ein entsprechendes Musterschreiben könnte folgendermaßen lauten:
Sehr geehrte Damen und Herren,
am __________ wurde ich erstmalig positiv auf Covid-19 getestet. Ich bin genesen und seit ____________ im Besitz eines gültigen Genesenenzertifikats, welches ursprünglich bis ____________ gültig war.
Aufgrund einer Gesetzes-/Verordnungsänderung soll mein Genesenstatus um drei Monate, mithin bis ___________ verkürzt werden.
Dem widerspreche ich und fordere Sie auf, mir einen Nachweis über meine Genesung für den Zeitraum vom ___________ bis ___________ zu erteilen.
Zur Begründung führe ich aus:
Die Verkürzung des Genesenenstatus‘ ist – worauf bereits das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 12.02.2022 und das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Beschluss vom 02.02.2022 feststellten – nicht verfassungsgemäß und führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung meiner Freiheitsrechte und zu einem faktischen Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben (Restaurantbesuche, Hotelaufenthalte, Konzerte etc.).
Zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes fordere ich Sie auf, mir den o.g. Nachweis innerhalb von 1 Woche zuzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
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(Unterschrift)
Versenden Sie das Schreiben am besten per Fax!
Sollten Sie innerhalb der Wochenfrist keine Antwort des Gesundheitsamtes erhalten, wenden Sie sich einfach an uns. Wir werden dann gemeinsam beraten, ob ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vor dem zuständigen Gesundheitsamt Aussicht auf Erfolg hat. In den meisten Fällen werden die Kosten dieses Vorgehens von Ihrer Rechtsschutzversicherung gedeckt.