BGH entscheidet am 08.11.2016 über Zulässigkeit einer Darlehensgebühr bei Bauspardarlehen

Der Bundesgerichtshof wird über eine Klausel, die in vielen Bausparverträgen der Bausparkasse Wüstenrot AG enthalten ist, zu befinden haben, wonach mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens eine Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspardarlehens fällig wird (§ 10 ABB). Der Kläger - ein Verbraucherschutzverband - ist der Ansicht, die angegriffene Klausel verstoße gegen § 307 BGB und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Verbrauchern zu unterlassen. Die Kanzlei Stenz & Rogoz hat ebenfalls erst- und zweitinstanzlich Mandaten wegen ebendieser Klausel bereut. Ein Verfahren ist derzeit ebenfalls beim BGH anhängig.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die beanstandete Klausel benachteilige den Kunden nicht unangemessen. Maßgebend für die Beurteilung sei nicht das Leitbild des Darlehensvertrages, sondern das durch Besonderheiten des Bausparkassengesetzes geprägte Leitbild für Bausparverträge. Dieses Leitbild gehe von einer Darlehensgebühr aus. Die staatliche Förderung durch Bausparprämien und die Einbeziehung der Darlehensgebühr in die Berechnung des effektiven Jahreszinses sprächen dafür, dass der Gesetzgeber die Gebühr gebilligt habe.

 

Dass die Darlehensgebühr nicht anteilig zurückerstattet werde, wenn der Bausparer das Bauspardarlehen vor Fälligkeit tilge, benachteilige den Bausparer nicht unangemessenen, weil es diesem frei stehe, ob er das Bauspardarlehen vor Fälligkeit tilge. Eine vorfällige Tilgung des Bauspardarlehens bedeute zudem keine Mehrbelastung des Bausparers. In einem solchen Fall werde die nominale Gesamtbelastung in der Darlehensphase des Bausparvertrages vielmehr geringer; höher werde allein der effektive Jahreszins.

 

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

 

In den Verfahren XI ZR 472/15 und XI ZR 477/15 begehren die klagenden Bausparer von den beklagten Bausparkassen jeweils Rückzahlung einer Darlehensgebühr, die die Beklagten bei Auszahlung eines Bauspardarlehens aufgrund einer formularmäßigen Bestimmung in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) erhoben haben. Im Verfahren XI ZR 477/15 wurde das Bauspardarlehen im Januar 2007 ausbezahlt.

 

Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stehe gegen die Beklagten jeweils ein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensgebühr zu, da die Bestimmungen über die Darlehensgebühr in den ABB kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellten und als solche gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstießen. Zur Begründung führen sie unter anderem an, die Klauseln benachteiligten sie unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil sie keine echte Gegenleistung zum Gegenstand hätten, sondern dazu dienten, allgemeine Betriebskosten auf sie abzuwälzen.

 

In dem Verfahren XI ZR 472/15 ist die Klage in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Verfahren XI ZR 477/15 hatte die Klage erstinstanzlich Erfolg; auf die Berufung hin wurde sie abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Bestimmung über die Darlehensgebühr keiner Inhaltskontrolle unterläge, weil es sich um eine kontrollfreie Preishauptabrede handele. Die Darlehensgebühr sei als zusätzliches (Teil-)Entgelt für die Kreditgewährung anzusehen.

Mit der Darlehensgebühr würden zudem spezifische Leistungsbestandteile des Bausparmodells entgolten. Zum einen werde dem Bausparer eine Anwartschaft auf ein Darlehen zu bestimmten Zinsen eingeräumt, die er bereits mit Abschluss des Bausparvertrages erwerbe. Zum anderen habe der Bausparer die Möglichkeit, das Bauspardarlehen jederzeit zu tilgen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen zu müssen. Das Leistungs- und Gegenleistungsgefüge sei insoweit abweichend vom "gewöhnlichen (Bank-)Darlehen" ausgestaltet.

 

Selbst wenn man die Klausel für kontrollfähig halte, sei die Darlehensgebühr wirksam vereinbart, weil sie nicht mit wesentlichen gesetzlichen Grundprinzipien unvereinbar sei und den Bausparer nicht unangemessen benachteilige. Das Bauspardarlehen sei in einen Bausparvertrag eingebettet, durch den dem Bausparer besondere Leistungen - eine Zinssicherung und die Möglichkeit, das Bauspardarlehen jederzeit (ohne Vorfälligkeitsentschädigung) zu tilgen - gewährt würden.

In dem Verfahren XI ZR 477/15 hat das Berufungsgericht darüber hinaus angenommen, dass ein Rückzahlungsanspruch des Klägers verjährt sei.

 

Da der Kläger die Darlehensgebühr bereits bei Auszahlung des Bauspardarlehens an ihn am 1. Januar 2007 geleistet habe, sei der Rückzahlungsanspruch bereits im Jahr 2007 entstanden, so dass die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB** am 31. Dezember 2011 abgelaufen sei. Das vom Kläger im Dezember 2014 in Gang gesetzte Mahnverfahren habe den Verjährungslauf folglich nicht mehr hemmen können.

 

Der Verjährungsbeginn sei weder durch eine unsichere oder zweifelhafte, von divergierenden Meinungen und Entscheidungen geprägte Rechtslage hinausgeschoben worden noch dadurch, dass dem Kläger eine Klageerhebung wegen absehbarer Erfolglosigkeit nicht zumutbar gewesen sei. Die Grundsätze aus den Urteilen des Senats zur Verjährung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen vom 28. Oktober 2014 (XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 und XI ZR 17/14, BKR 2015, 26) seien nicht anzuwenden, weil die Darlehensgebühr nicht im Zusammenhang mit der Gewährung eines Verbraucherdarlehens erhoben worden sei. Ein Bausparvertrag sei kein Verbraucherkreditvertrag, sondern ein Vertrag besonderer Art, der sich aus verschiedenen Elementen in der sogenannten Anspar- bzw. Darlehensphase zusammensetze, weshalb es an der Vergleichbarkeit der rechtlichen Beurteilungskriterien fehle.

Mit der vom Berufungsgericht jeweils zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

 

(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs)